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Paulina – eine moderne Yoga-Hexe.

Ich möchte euch heute eine der Yoga-Lehrerinnen vorstellen, die mich immer wieder aufs Neue inspiriert.

Es ist Paulina Młynarska, die sich auf ihrer Website selbst so präsentiert:

"Ich bin Feministin, Journalistin, Schriftstellerin, Fernsehproduzentin, Songwriterin und Dichterin, Reisende, Geschäftsfrau und zertifizierte Yoga-Lehrerin". Paulina ist auch eine "unabhängige und rebellische Frau, voller Lebensleidenschaft", eine Feministin, die aus Versehen den Weg der spirituellen Entwicklung eingeschlagen hat. Um ihre eigenen Worte zu paraphrasieren: „Die mit Dämonen tanzt“. Außerdem ist sie eine kluge, belesene und offene Person, die fest auf dem Boden der Tatsachen steht. Eine moderne Hexe, also "eine Frau, die sich ihrer selbst so sicher fühlt, die so selbstbewusst ihre eigenen Wege geht, dass ihr Toleranz leichtfällt! Obwohl sie dort endet, wo menschliches Leid beginnt. So weit und schon dort." Genau diese Eigenschaften von Paulina sind mir sehr nahe.



Paulina Młynarska - meine Inspiration in Sachen Yoga und Feminismus
Das Wort „Hexe“ heißt auf Polnisch „wiedźma“ und stammt vom altslawischen Verb věděti, was "wissen" bedeutet. Hexe ist also "diejenige, die weiß", eine Frau, die Wissen über Heilung, Natur und Magie hat. Foto: Martyna Bujalska

Früher „kannte“ ich Paulina nur vom Fernsehbildschirm. Damals war sie von einer modernen Yoga-Hexe noch weit entfernt. Später habe ich sie näher durch... facebook kennengelernt. Bis heute habe ich sie leider noch nicht persönlich getroffen.

Ich habe trotzdem das Gefühl, dass ich sie sehr gut kenne. Ich lese fast alles, was sie schreibt. Sie ist eine brillante Autorin von mittlerweile 14 Büchern, unzähligen Feuilletons, auch über Feminismus und Yoga sowie feministischem Yoga. In allem, was sie schreibt, bleibt sie sehr offen und authentisch, sachlich und kompetent. Gelegentlich kommentiere ich ihre Beiträge, selten schreibe ich ihr eine Nachricht über Messenger. Trotz ihrer sieben zugelaufenen und/oder gefundenen Vierbeiner, Yoga-Workshops, Reisen nach Indien, Veröffentlichung weiterer Bücher, Hörbuch-Aufzeichnungen und kontinuierlicher Selbstbildung hat mir Paulina immer geantwortet.


Vielleicht habe ich auch deshalb keine Bedenken, aus ihrer klaren und ehrlichen Quelle zu schöpfen, denn auf ihrem Weg zum Yoga, und damit zu sich selbst, erkenne ich viele Parallelitäten zu meinem eigenen Werdegang.

Auch wenn Paulina öffentlich deutlich präsenter war als ich, waren wir beide öffentliche Personen. Sie arbeitete vor der Fernsehkamera als Moderatorin und war weithin bekannt und sehr beliebt. Meine Bekanntheit beschränkte sich auf das Theaterumfeld, da ich ausschließlich als Regisseurin und gelegentlich als Schauspielerin und Sprecherin im Theater und Radio tätig war (letzteres erstaunlicherweise eher in Deutschland als in Polen).

Wir beide haben an einem kritischen Punkt in unserem Leben unsere Karriere beendet.

Wir beide haben uns irgendwann dem Yoga zugewandt.

Beide sind wir eher nebenbei zu Lehrerinnen geworden.

Für uns beide ist es klar, dass Yoga eine politische Dimension hat.

Wir beide sind auch fast im gleichen Alter: 50+ Jahre junge Frauen, späte Feministinnen, die gegen die Stimme der "festgebissenen, weißen, patriarchalischen Säcke"* um uns herum und vor allem in uns selbst kämpfen.

Auch meine Herangehensweise an die Yoga-Praxis hat eine Grundlage in meiner vorherigen, langjährigen Psychotherapie-Erfahrung.


Das sind die Berührungspunkte und der ganze Rest trennt uns nicht wirklich, sondern zeichnet uns aus.



Paulina Młynarska - meine Inspiration in Sachen Yoga und Feminismus
Paulina veranstaltet ihre Workshops sowohl auf Kreta als auch in Indien, für Frauengruppen oder LGBTQ+ freundliche Gruppen. Alles leider nur auf Polnisch. Foto: Martyna Bujalska

Ich weiß nicht mehr genau, wann ich begann, Paulina zu folgen, aber es war einige Zeit vor der Pandemie. Ich suchte im Internet nach einem Retreat, das möglichst von einer Frau auf Polnisch geleitet wurde. So stieß ich auf Paulinas Seite und ihre Workshops auf Kreta.

Ich war sofort beeindruckt von ihrer Klarheit, ihrer Direktheit, ihrem ausgezeichneten, scharfen Sprachstil und vor allem von ihrer unermüdlichen Geduld, Internetnutzer zu einer höheren Kommunikationsebene anzuleiten. Nicht selten haben ihre Beiträge, insbesondere diejenigen, die sich mit den Frauen- und LGBTQ+ - Rechten in Polen befassen (denn Polen liegt Paulina sehr am Herzen, obwohl sie dort genauso wenig lebt wie ich), sogenannte "Shitstorms" ausgelöst. Sogar ihre Beiträge über Yoga, insbesondere über Tantra, verursachten ein Erdbeben. Ich habe großen Respekt vor ihrer Geduld und Durchsetzungskraft.


Ihre Beharrlichkeit beim unermüdlichen Aufklären, stets mit freundlicher Entschlossenheit und ihre unerschütterliche Überzeugung von der Richtigkeit ihrer Botschaft, verdient einen feministischen Nobel - oder wenigstens den Green Pussyhat Preis, auf keinem Fall aber weniger als den feministischen Literaturpreis im Namen von Narcyza Żmichowska!



Narcyza Żmichowska
Narcyza Żmichowska war eine polnische Schriftstellerin und eine bedeutende feministische Aktivistin im 19. Jahrhundert.

Ich bin zwar nicht zu Paulinas Workshop nach Kreta geflogen - ich war eher auf der Suche nach einem Schweige-Retreat für fortgeschrittene Yogis - mit einer 4-6 stündigen Meditations- und einer intensiven und dynamischen Asanapraxis, - aber ich wurde ihre treue Leserin und Beobachterin.

Dann kam die Pandemie und ich war sehr froh, als Paulina direkt zu Anfang beschloss, sich selbst überlassene Yogis und Yoginis zu unterstützen. Sie begann, ihre kostenlosen Vorträge über Yoga Philosophie zusammen mit Meditationsanleitungen auf YouTube zu veröffentlichen. Diese waren eine große Inspiration für mich und sind es nach wie vor.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur unter Anleitung von deutschsprachigen Lehrern meditiert. Die Sprachbarriere und das männliche Weltbild machten es mir zunehmend schwer, tiefer in die Meditation eintauchen zu können.

Als Paulina ihren Plan auf YouTube tätig zu sein plötzlich aufgab, war ich untröstlich. Gerade erst hatte ich eine erfahrene Yogalehrerin, eine intelligente Frau, eine Feministin und eine Polin gefunden, die in jeder Hinsicht zu mir passte, mit der ich online von Berlin aus praktizieren konnte und nun war es damit vorbei.

Paulina hatte jedoch sehr triftige Gründe: Zum einen fühlte sie sich unfähig, die Verantwortung für die Praktizierenden vor dem Bildschirm zu übernehmen. Zum anderen hatte sie das Bedürfnis, sich von dem immer lauter und schriller werdenden Spirituellen-Online-Supermarkt zu distanzieren. Das hat mich sehr beeindruckt.

Obwohl ich deshalb unter Paulinas Anleitung nicht allzu weit gehen konnte, haben mir die wenigen, sehr aufschlussreichen Meditationen sehr geholfen.



In diesem Video, vom 07.05.2020, erklärt Paulina, warum sie in den Online-Medien still geworden ist. Ihre Antwort ist einfach:

"Ich glaube, dass das, was in der Welt geschieht, ein so ernster und bedeutsamer Prozess ist, dass die selbstgefällige Lola für eine Weile den Mund halten sollte:)."

Der Rest ist im Film - leider nur auf Polnisch.



Da ich diesen Schatz mit anderen teilen wollte, habe ich eine Anleitung davon auf Deutsch aufgenommen. Sie ist - leicht abgewandelt - unter dem Titel "Affirmation einer Qualität" auf meiner Seite zugänglich, natürlich kostenlos.

Bitte beachte jedoch, dass auch ich keine Verantwortung für Deine Online-Praxis übernehmen kann. Wenn Du noch nicht viel Erfahrung mit Meditation hast und/oder an einer schweren psychischen Störung leidest, solltest Du Dich unbedingt zuerst an einen Spezialisten wenden. (Mehr dazu hier.)


Wenn die Lehrer:Innen daran beurteilt werden sollten, wie sie selber leben, kann man bei Paulina sicher sein, dass die Kohärenz der Person mit dem, was sie unterrichtet, stimmt. Und das bezieht sich nicht nur auf den yogischen Verhaltens-Kodex, die s.g. Ashtanga. Paulina hat auch einen Dekalog einer glücklichen Frau** verfasst, nach dem sie ganz offensichtlich ihr Leben richtet:

1. Sei gut zu dir selbst.

2. Lass dich nicht ausnutzen.

3. Sei materiell unabhängig.

4. Sei anderen Frauen gegenüber solidarisch.

5. Gib dich niemals selbst auf.

6. Verstelle dich nie in der Liebe.

7. Verwechsele Liebe nicht mit Sex.

8. Lebe nach deiner eigenen Sexualität. Sie hat nichts mit den Vorbildern zu tun, die von anderen geschaffen wurden.

9. Habe keine Angst, das Leben nach deinen eigenen Vorstellungen zu leben.

10. Setze nur auf nette Menschen, Lackaffen und Idioten ändern sich nicht.



Paulina Młynarska - meine Inspiration in Sachen Yoga und Feminismus
Paulina, die moderne Yoga Hexe auf Kreta. Foto: Martyna Bujalska

Liebe Paulina, für alles, was du in Bezug auf Yoga, Feminismus, den Tierschutz und die Kommunikation im Netz leistest, Namaste!



PS. Leider sind Paulinas Bücher, insbesondere diejenigen, die ich hier empfehlen würde, bisher nur in polnischer Sprache erschienen. Daher werde ich gelegentlich einige, für mich sehr wichtige Auszüge, in meiner eigenen Übersetzung mit euch teilen - natürlich mit Zustimmung der Autorin.

*Dies ist eine Paraphrase des Begriffs "lubieżny dziad", der von Paulina Młynarska stammt und auch Teil des Titels eines ihrer Bücher ist. Der Begriff wurde unter anderem von Sylwia Chutnik, einer polnischen Schriftstellerin, aufgegriffen und zu "dziaders" abgewandelt. Er ist mittlerweile Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs. Die Bedeutung des Wortes wird ungefähr wie folgt definiert: "dziaders" beschreibt ein Verhaltenssystem, eine archaische Haltung gegenüber Frauen, ein mangelndes Bemühen, zu verstehen, was in der Welt geschieht, und den Glauben, dass die von sich selbst verkündeten Ansichten die offenbarte und absolute Wahrheit sind. Demnach kann auch eine Frau einen "dziaders" in sich tragen.

**Aus einem Facebook-Eintrag von Paulina Młynarska.


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