Wie einige von uns, gar nicht so wenige, kam ich zum Yoga aus Not.
Nach einer hyperaktiven Jugend voller Tanz, Leichtathletik, Fahrradtouren und Wanderungen hing ich alles an den Nagel und arbeitete als Regisseurin.
Klingt spannend, aber Bewegung? Fehlanzeige: sitzend, meistens in dunklen, verrauchten Räumen bis spät in die Nacht. (Das mit dem Rauchen in den Proberäumen hat sich im Laufe der Zeit zum Glück geändert.) Dazu kam eine ordentliche Portion Dauerstress, ungesunde Ernährung, Zigaretten und Alkohol, was schließlich, nach einigen Jahren dieser konsequent geführten Lebensweise, zur Diagnose führte: Diabetes und Burn-out.
Mein Körper, mein Geist und meine Seele konnten kein weiteres Gift mehr vertragen.
Ich musste etwas ändern und habe tatsächlich nach und nach meine Lebensgewohnheiten umgestellt. Regie sagte ich nach 18 Jahren auch adé.
Heute lebe ich gesund, ernähre mich möglichst gewaltfrei, treibe regelmäßig Krafttraining, gehe in die Sauna und praktiziere jeden Tag physische Yoga und Meditation. Doch wie viele andere war ich anfangs ziemlich orientierungslos auf der Suche nach der richtigen Methode oder dem richtigen Stil für mich. Das Richtige zu finden, stellte sich als schwieriger heraus als gedacht: Es ging nämlich nicht nur um das Wie, sondern auch um das Mit Wem – die Chemie musste ja auch stimmen.
Ich habe mich also Schritt für Schritt durch den Dschungel der Vielfalt und die unzähligen Yogastile gewühlt und fast alle bekannten europäischen Yogaschulen ausprobiert. Was mir damals wichtig war: Freude an der Praxis, kein übermächtiger Spiritualitätsanspruch (was auch immer das für jeden von uns bedeuten mag), ein offener und humorvoller Ansatz, frei von esoterischem Schnickschnack und machtgenießenden Gurus. Es sollte aber auch kein Yoga sein, das nur auf körperliche Fitness abzielt. Das war mein Bedürfnis damals.
Das heutige Yoga ist nicht mehr das, was es mal war.
Und das ist gut so. Denn wichtig ist zu betonen, dass Yoga eine sich ständig entwickelnde und ändernde Praxis ist. Diese Veränderungen betreffen nicht nur die Yogapraxis als Disziplin, die heute nun ganz anders aussieht als vor 2000 Jahren. Sie betreffen auch die sozio-politischen Veränderungen in Indien, insbesondere in den letzten zwei Jahrhunderten. Diese Entwicklungen haben zur Öffnung des Yoga für andere soziale Kasten als die Brahmanen geführt und schließlich zur Einbeziehung von Nicht-Indern und vor allem Westlern in die Yogapraxis beigetragen.
Diese Veränderungen betreffen aber auch die Person, die praktiziert.
Das hängt von den momentanen Lebensumständen und Bedürfnissen ab – Gesundheit, Arbeit, Privatleben, aber auch ganz profan, von der Tagesstimmung. Meine Praxis sieht heute auch anders aus als ganz am Anfang: ich fürchte mich nicht nur nicht vor Mantra-Rezitationen in Sanskrit oder sogar auf Koreanisch, stundenlangen Meditationen oder langen Schweige-Retreats, ich genieße sie! Yoga ist nicht mehr nur ein Anhängsel oder ein modischer Zusatz zu meinem übrigen Treiben, sondern mein Lebensinhalt geworden. Was sich jedoch nicht verändert hat, ist meine Vorsicht gegenüber der Autorität des sogenannten Gurus.
Wie sich Dein Weg entwickelt, hängt allein von Dir und Deinen sich wandelnden Bedürfnissen ab. Deshalb ist es sinnvoll, dort anzufangen, wo man tatsächlich mit seinen ganz individuellen Bedürfnissen abgeholt wird.
Eine subjektive Liste der Yogastile und ein persönlicher Erfahrungsbericht
Um dir den mühsamen Weg zu ersparen, durch hunderte Yogastudios nach dem richtigen Platz für deine Matte zu suchen, habe ich eine subjektive Liste erstellt. Darin habe ich nicht nur die Yogastile berücksichtigt, die in Berlin und Deutschland leicht zugänglich und anerkannt sind, sondern auch meine persönlichen Erfahrungen mit den Studios, Lehrern und den jeweiligen Stilen oder Methoden beschrieben.
Ich werde die Geschichte und die Gründer jedes Stils in einem separaten Beitrag vorstellen und erklären, gegebenenfalls seit wann der Stil in Europa praktiziert wird. Zudem werde ich den jeweiligen Stil beschreiben, einschließlich der Verwendung von Hilfsmitteln, Musik, Mantrasingen und Bekleidungsvorschriften oder Verhaltenskodex innerhalb des Studios, sofern vorhanden. Ich werde die Unterschiede in der Unterrichtsstruktur hervorheben und zeigen, für wen der Stil geeignet ist. Um ein vollständiges Bild zu vermitteln, werde ich auch die allgemein bekannten Kritikpunkte nicht aussparen. Natürlich werde ich auch von meinen eigenen Erfahrungen berichten.
Neben denen, die ich selbst ausprobiert habe, schreibe ich auch über solche, die ich (noch) nicht aus eigener Erfahrung kenne, die mich aber interessieren und in denen ich Potenzial sehe, um Impulse für mich und meinen Unterricht zu gewinnen.
Schließlich werde ich weitere Quellen vorstellen, aus denen ich Inspiration für meinen Privatunterricht beziehe: non-duale Laienmeditation und aus dem Buddhysmus (Theravāda-Richtung und Zen), Neuroathletics, Physiotherapie, Strech für Akrobat:Innen, Capoeira, Animal Athletics, Bodyweight Training, Streching- & Strenghtworkout.
In der ersten Folge werde ich über Hatha Yoga berichten, der Mutter aller körperlichen Yoga-Stile. Bleibe dran!
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